In diesem Beitrag soll es um die Auszeit und ihren sinnvollen Einsatz gehen. Auch wenn nicht so viele statistische Daten zur Auszeit vorliegen, so wird doch der eine oder andere bestätigen, dass die Auszeit wichtig für Sieg oder Niederlage war.
Aus meiner Sicht wird die Auszeit viel zu oft verschenkt. Werfen wir nun einen detaillierten Blick auf die Auszeit.
Regeln
- 1 x pro Spiel je Spielerpartei pro Spiel
- bis zu 1 min
- kann selbstständig ausgelöst werden
- kann selbstständig vor Ablauf beendet werden
- Änderung des Inhaltes, weil Coaching im Satz erlaubt ist (Stand 2017)
Eine Auszeit kann
bis zu 1 Minute dauern. Aus taktischen Gründen könnte diese auch kürzer sein. Dazu aber später mehr. Alles andere entspricht den im Moment ( 06.12.2017) gültigen Regeln.
Zeitpunkt
Wann kann/sollte man eine Auszeit nehmen?
Hier eine Liste, wann eine Auszeit genommen wird:
- bei Rückstand
- bei Führung
- bei Gleichstand
- Anfang, Mitte, Ende Satz
- bei eigenen Negativserien
- Entscheidungssituationen
- direkt im Anschluss nach der Auszeit des Gegners
Aus meiner Sicht werden Auszeiten leider zu oft zu spät genommen.
Faustregel:
Lieber zu früh die Auszeit nehmen, als zu spät!
Persönlich versuche ich immer darauf zu achten, wie der Spielverlauf sich gestaltet. Am Ende sollen die Spieler*innen taktische Maßnahmen am Tisch umsetzen. Mit 11 Punkten ist der Satz relativ kurz.
Es macht also keinen Sinn bis zu einem 0:5 zu warten, wenn der eigene Spieler die in der Pause besprochenen taktischen Maßnahmen nicht umsetzt und darum relativ schnell zurückliegt. Hier greife ich auch schon mal am Anfang eines Satzes bei 0:3 zur Auszeit (natürlich nicht im 1. Satz) ein. Je nach Spielertyp passiert das schon im 2. Satz, da manche Spieler*innen mental mit einem 0:2 Satzrückstand schlechter umgehen können als andere.
Eigene Negativserien können auch bei einer hohen 10:x Führung zu einem Kippen des Spieles führen. Daher muß man als Coach darauf achten, dass der Flow im eigenen Spiel erhalten bleibt. Selbst bei einer 9:3 Führung und gegnerischem Aufschlag kann es schnell wieder eng werden. Im vermeintlich sicheren Gefühl werden die Aufschläge des Gegners nicht gut retourniert (9:5), ein eigener schlechter Aufschlag führt zum 9:6. Der nächste Punkt wäre ein 9:7 bei Aufschlag Gegner.
Bei einer Negativserie von 3-4 Punkten steigt die Verunsicherung des eigenen Spielers und der Gegner ist bei eigenem Aufschlag wieder auf 2 Punkte heran. Hier gilt es entsprechend über eine Auszeit den Flow des Gegners zu stoppen und den eigenen Spieler zu stärken.
Auch bei einem 10:9 kann es sinnvoll sein eine Auszeit zu nehmen. Hier gibt es 2 Situationen:
- gegnerischer Aufschlag
- in dieser Situation würde ich vor allem die Auszeit nehmen, wenn der Gegner schon verunsichert ist z.b. durch eigene Fehlaufschläge, leichte Fehler etc.
- in dieser Situation muss der eigene Spieler auf mögliche Aufschläge des Gegenüber eingestellt und Wahrscheinlichkeiten besprochen werden.
- Am Anfang des Gespräches gehe ich in der Regel ganz kurz darauf ein, welcher Aufschlag selbst in der Verlängerung vorwiegend gespielt werden soll, wenn das nicht klappt. Wobei durch das erlaubte Coaching im Satz hier eine deutliche Erleichterung eingetreten ist, da dies im Satz verändert werden kann.
- Der Hauptteil des Gespräches geht darum, was der eigene Spieler jetzt auf welchen Aufschlag antworten soll und was die Wahrscheinlichkeiten der gegnerischen Spielzüge angeht.
- Am Ende wird dann noch einmal die Zuversicht auf den Sieg bekräftigt und das Spiel gewonnen :).
- eigener Aufschlag
- in dieser Situtation würde ich die Auszeit nehmen, wenn mein Spieler diese braucht! Das ist individuell sehr unterschiedlich.
- In knappen Spielsituationen ist es besser lange Aufschläge zu spielen, weil das Risiko für den Rückschläger höher wird. Wobei auch hier wie immer gilt: Shit in – Shit out
.
Eine Auszeit in der Verlängerung zu nehmen kann auch eine Option sein, dann gilt das gleiche wie oben schon geschrieben.
Ziel
Um eine Auszeit nehmen zu wollen, muss ich mir darüber klar sein, warum ich diese nehmen sollte.
Folgende Gründe fallen mir dazu ein.
- Spielfluss/Spielrythmus brechen
- Der Gegner ist im Flow und trifft jeden Ball.
- Der Gegner ist heiß und wird immer stärker
- Gegner hat Satzball/Matchball bei knappem Spielstand
- Taktik neu/anpassen/verändern
- die bisherige oder die ausgegebene Taktik soll verändert werden.
- taktische Anweisungen werden gegeben
- auf gegnerische Änderungen reagieren
- Der Gegner ändert sein Verhalten bzw. die Spielweise (auch Taktik) und die Spieler*innen soll darauf eingestellt werden.
- Vorbereiten auf entscheidenden Punkt
- Spieler*innen führt 10:9 oder mit einem Punkt in der Verlängerung
- Gegner verunsichern bei entscheidenden Punkt
- Spieler*innen liegt mit 9:10 hinten oder mit einem Punkt in der Verlängerung
- Konzentration
- Spieler*innen reagiert zu hektisch oder gar nicht
- Spieler*innen ist nicht “am Tisch”
- mentale Unterstützung /Psyche
- Körpersprache des Spieler*innen ist nicht gut
- Erholung (physisch, psychisch)
- Spieler*innen wirkt erschöpft/unkonzentriert
- Spieler*innen macht leichte Fehler
- Technikkorrektur
- fast ausschließlich im Jugend/Kinderbereich, wenn gravierende technische Schwächen durch den Gegner ausgenutzt werden oder
- gravierende Fehler auftreten
Die Gründe für das Nehmen einer Auszeit hängen immer sehr stark vom den individuellen Spieler*innen ab, das sollte man als Trainer immer beachten. Wenn der Spieler sich von der Auszeit unterbrochen fühlt, dann sollte man auf jeden Fall den Spieler*innen den Grund für die Auszeit mitteilen. Aber als Trainer sieht man von aussen eben manchmal mehr. Andererseits sind Trainer auch nur Menschen und können mal daneben liegen.
Verlauf
Eine Auszeit folgt bestimmten Regeln (ähnlich den Coachingregeln), die man aus meiner Sicht zwar leicht anpassen und individualisieren kann, deren genereller Verlauf aber eingehalten werden sollte.
siehe auch Quelle nach Tailor
– Auf diesen Grundlagen basieren auch die Coachingregeln.
- Spieler*innen raus holen (Rest + Psyche)
- Handtuch/Trinkflasche
- Frage nach dem Abendessen ;) – gerade bei “kleineren Menschen” sehr hilfreich
- Spieler*innen zur Ruhe kommen lassen
- Psyche
- beruhigen oder pushen
- ist individuell, was die Spieler*innen benötigen
- Empathie
- Bestätigung des Spieler*innen
- positiv
- Es ist Zeit für positive Verstärkung und NUR DAFÜR!
- Analyse des Spieler*innen abholen
- Spieler anhören oder befragen – je nach Spieler, hier ist es auch wichtig den Spieler zu hören!
- Empathie zeigen und positiv verstärken!
- Tipps geben
- max. 1-3 Punkte – mehr wird in der Regel nicht “verstanden”
- hängt von Spieler*innen ab
- präzise, kurz, eindeutig, positiv
- Eröffne möglichst lang in die Vorhand
- lege Aufschläge kurz in die Rückhand zurück
- bleib am Tisch oder geh in die Halbdistanz
- “Nicht-Formulierung” vermeiden
- falsch: spiele nicht in seine Vorhand
- richtig: spiele mehr kurz in seine Rückhand für die Eröffnung
- Prognose
- wie könnte der Gegner die Taktik verändern? – je nach Spielertyp kann man als Trainer eine Einschätzung mitgeben, die vielleicht hilft, aber dann gibt es unter 5. einen Tipp weniger
- der Gegner wird wahrscheinlich mehr über Deine VH-Seite angreifen, versuche dann die Eröffnung über seine RH-Seite zu forcieren. Ansonsten wie besprochen weiter spielen.
- Abschlusspush
- noch einmal emotional und mental pushen
- Du schaffst das
- dein Spiel
- belohn dich für die gute Leistung
Inhaltliche Anweisungen
Kommen wir jetzt zu den inhaltlichen Themen, die man in einer Auszeit ansprechen sollte.
Aus meiner Sicht muss man sich bei 1 min doch sehr kurz halten. Wichtig ist, dass die wirklich wichtigen Themen dabei zum Tragen kommen. Es ist wichtig den Tipp zu finden, der den Spieler*innen am meisten hilft und den sie auch umsetzen können. Das fällt am leichtesten, wenn ein Vertrauensverhältnis zwischen Spieler*innen und der coachenden Person besteht.
- Taktik
- die generelle Spieltaktik ist hier wichtiger als einzelne Spielzüge, da sich der Gegner darauf einstellen kann und wird
- z.B. spiele ihn öfter auf den Körper an oder baue die Angriffe über Mitte/Vorhand auf
- auch an dieser Stelle -> nur positive Formulierungen
- Aufschlag
- der Aufschlag ist wichtig für den eigenen Spielaufbau und daher auf jeden Fall ein Thema in der Auszeit
- z.B. schlage vor allem kurz mit Seitschnitt oder leer in Tischmitte auf
- Rückschlag
- z.B. versuche die Rückschläge kurz zu halten und wenn lang, dann über die Rückhandseite
- 3. Ball
- z.B. bleib bei kurzen Bällen auch kurz und greife lange Bälle über seine weite Vorhand an
- Platzierung
- z.B. die meisten Punkte machst Du mit dem RH-Block über Tischmitte, bring ihn dazu auf deine RH zu ziehen
- Spielweise
- ergreife selber die Initiative oder lass ihn angreifen und konter ihn aus
- gute eigene Bälle
- Wenn der Spiele gut spielt und das spielt läuft, dann sollten auf jeden Fall seine Taktik und seine guten Bälle im Zusammenhang erwähnt und besonders “veranktert” werden
- z.B. er hat Schwierigkeiten mit deinen kurzen Aufschlägen, die Bälle kommen zu lang und du greifst die super mit der VH an. Bleib aktiv auf den Beinen und nutze die VH für den Angriff weiter so konsequent
- Schwachpunkte Gegner
- generell konzentriere ich mich in diesem Fall eher auf die Stärken des eigenen Spielers (die in gewissem Maße auch die Schwächen des Gegners sind).
- z.B. immer wenn Du lange Bälle auf seine Rückhand spielst, dann kommst Du gut mit Deinem TS Vorhand oder Rückhand ins Spiel
- Technikkorrektur
- Die Technikkorrektur wird im Erwachsenenbereich sehr selten eingesetzt, da im Spiel keine wirkliche Änderung erfolgen kann. Im Kinder/Jugendbereich wird sehr oft Technik korrigiert, was aus meiner Sicht auch sinnvoll ist.
- z.B. beim Topspin wirklich aus den Beinen arbeiten, mehr nach vorne ziehen, Schläger beim TS mehr schließen…
- “nur” Kinder/Jugendbereich
- nur bei gravierenden Mängeln
- selten im Erwachsenenbereich
Tipps & Tricks
Generell sehe ich persönlich die Auszeit nicht nur als Möglichkeit den eigenen Spieler zu stärken, sondern wie oben auch schon angeklungen, als Mittel um den Gegner zu unterbrechen/stören.
Bei einer Auszeit fällt normalerweise die Spannung des Spielers ab. Genau diesen Effekt kann man sich zu nutze machen. Dazu beobachtet man den Gegner und wenn die Spannung unten ist (siehe oben Coachingregeln) beendet man die Auszeit vorzeitig. Das führt unter Umständen dazu, dass der gegnerische Spieler “nicht so wach” an den Tisch zurück kommt und der eigene Spieler es leichter hat.
Im Gegenzug kommt der Gegner nach seiner Auszeit oft hoch motiviert an den Tisch, man könnte jetzt eine eigene Auszeit nehmen um einen Spannungsabfall zu erzeugen. Das halte ich persönlich nicht für so sinnvoll, da der Gegner ja den Zeitpunkt bewusst gewählt hat. Ich würde den nächsten Punkt abwarten.
In den Internationale Regeln steht dazu:
4.4.2 Ein Spieler oder Paar kann ein Time-out (Auszeit) von bis zu 1 Minute während eines Individualspiels verlangen
4.4.2.5 Sobald der Spieler (das Paar), der (das) Time-out verlangte, bereit ist weiterzuspielen, spätestens jedoch nach Ablauf einer Minute, wird die Karte bzw. Markierung entfernt und das Spiel wieder aufgenommen.
Diese Taktik muss man nicht einsetzen, aber sie ist im Sinne von “Winning Ugly”. Literatur siehe dazu weiter unten.
Mindmap
Auch in diesem Fall gibt es eine kleine Mindmap dazu. Viel Spaß damit.
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Kategorie: Wettkampf
Die Auszeit ist ein wichtiges Mittel im Tischtennis. Alles Wissenswerte kompakt in einer Mindmap zusammengefasst.
Alle Rechte Rückhandmonster.de/Tischtennis-Training-Sachsen.de/ – nur zum Trainingsgebrauch nutzbar – kein Druck oder Vervielfältigung ohne Nachfrage!
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Recherchequelle: BISP-Surf.de